Neujahrsempfang des SCM mit Paul Breitner

Als Ehrengast beim diesjährigen Neujahrsempfang empfing der SCM den ehemaligen Fußball-Nationalspieler Paul Breitner. Ehrenamtliche erhielten eine Auszeichnung vom Präsidium.

 

Berichterstattung des Meller Kreisblatt

 

Melle. Mit einem herzlichen „Servus“ hat der ehemalige Fußballnationalspieler Paul Breitner die Gäste beim Neujahrsempfang 2018 des SC Melle 03 begrüßt. In einem Vortrag, der als solcher nicht geplant war, plauderte er darüber, wie er zu dem Typ wurde, als welcher er heute gilt. Dabei stellte er heraus, dass nicht der WM-Titel von 1974, sondern der Sieg über sich selbst der entscheidendste in seinem Leben gewesen sei.

 

Schnell, womöglich unbewusst, warf Paul Breitner sein Vorhaben, keinen ausufernden Vortrag sondern ein munteres Gespräch mit dem Publikum einzuleiten, über Bord. In gut eineinhalb Stunden gab er den etwa 200 Gästen beim Neujahrsempfang des SC Melle im Solarluxcampus einen tiefen Einblick in seine eigene Entwicklung hin zum Fußballer und darüber hinaus zum Geschäftsmann. Mit Anekdoten aus seinem Fußballerleben rundete er den Vortrag ab. Die traditionell stattfindenden Ehrungen für verdiente Mitglieder des Sportvereins rückten in den Hintergrund. Für ihr langjähriges Engagement geehrt wurden Leichtathletik-Allrounderin Iris Busch sowie Badminton-Trainer Dietrich Metz.

Möglich gemacht hatte den Besuch des WM-Helden von 1974 der Meller Unternehmer Norbert Dreyer. Der Unternehmer pflegt seit einigen Jahren geschäftliche Beziehungen zu Breitner und ist gut befreundet mit dem SCM-Vorsitzenden Stefan Siepelmeyer.

 

Kritik am One-Touch-Fußball

 

Er werde immer als Typ bezeichnet, leitete Breitner seinen Vortrag ein. Auch er wisse, dass er eine herausragende Persönlichkeit war und ist. Die Chance, sich zu einer solchen zu entwickeln, habe er jedoch nur gehabt, weil die Strukturen im Fußball zu seiner Zeit noch anders gesteckt waren als jetzt. „Wäre ich heute ein junges Talent, würde ich nicht in 30 Jahren hier stehen und vor Ihnen sprechen“, betonte der 66-Jährige. Heute seien alle Fußballer gefangen im Mainstream und „sprechen alle nur das gleiche ‚Blabla‘“, kritisierte der Weltmeister. Schuld daran sei die moderne Form des One-Touch-Fußballs. „Damit schieben alle Spieler auf dem Platz nur die Verantwortung von einem zum anderen“, kritisierte Breitner. Man müsse es für die Jugend wieder interessant machen, ein Typ zu werden und ihnen eine Chance geben ihre Meinung zu äußern, ohne dass gleich ein Shitstorm über sie hereinbricht.

 

Zehn-Stufen-Plan

 

Anhand eines Zehn-Stufen-Plans zeigte Breitner den Gästen auf, wie es ihm gelungen sei, eine so große Persönlichkeit zu werden. Zunächst einmal reiche Talent alleine nicht aus. „Der entscheidendste Sieg war der über mich selbst“. Damit meine er nicht den inneren Schweinehund, sondern das Nein zum sich selbst betrügen. Darüber hinaus gab er den Tipp, Körper und Geist immer zu beschäftigen, niemals Langeweile aufkommen zu lassen. Die dritte Stufe bestehe aus der Bereitschaft, zu lernen und sich Fehler einzugestehen. Wichtig sei zudem, sich über den Sinn des eigenen Handelns klar zu werden. „Alles was wir tun, tun wir, um zu gewinnen“, beschwor Breitner.

 

Für Özil mitlaufen

 

Stufe fünf nannte er „Kollegialität als Einzelkämpfer“. Mit einem Beispiel aus dem Fußball untermauerte er seine These. „Auf dem Platz waren wir keine Freunde, sondern Kollegen. Wenn einer wie heute der Özil sein Leibchen nur spazieren geht, dann müssen die anderen eben 30 Prozent mehr laufen.“ Außerdem gelte es, jeden Tag 100 Prozent Leistungsfähigkeit abzurufen. „Und wenn ein Schnupfen mich zu 20 Prozent einschränkt, muss ich die übrigen 80 zu meinen 100 Prozent machen.“

 

Risikobereitschaft

 

Ein Ziel müsse auch der absolute Anspruch an sich selbst sein, sich immer zu verbessern. Breitner sprach das heute verlorene Verantwortungsbewusstsein an. Als simpel und doch so wichtig bezeichnete der 66-Jährige das positive Denken. Punkt zehn sei schließlich die Abrundung aller bisherigen Punkte und bringe gleichzeitig die „Risikobereitschaft zur Persönlichkeitsentwicklung mit. Man müsse die eigenen Ansprüche immer mit jenem Maß an Risiko anheben, das einem die Erfüllung der eigenen Ziele trotzdem realistisch mache.

 

Bericht: Konstantin Stumpe (Meller Kreisblatt)